AV-Vertrag oder besser doch nicht?

In der Daten­schutz­be­ratung spielt das Management von Auftrags­ver­ar­bei­tungs­ver­trägen (AVV) eine zentrale Rolle. Wann ist der Abschluss notwendig und welche Vor– und Nachteile gibt es? Dieser Beitrag beleuchtet die wichtigsten Aspekte und bietet praktische Hinweise für die Entscheidung. weiter­lesen…

08 Oktober 2024

Auftrags­ver­ar­bei­tungs­ver­träge: Wann sind sie notwendig und was sind die Vor– und Nachteile?

In der heutigen Daten­schutz­praxis gehört die Prüfung und das Management von Auftrags­ver­ar­bei­tungs­ver­trägen (AVV) zum Alltag. Unter­nehmen stehen regel­mäßig vor der Frage, ob ein AVV für bestimmte Dienst­leis­tungs­be­zie­hungen erfor­derlich ist. Diese Entscheidung erfordert oft eine genaue recht­liche Betrachtung, da die Grenzen zwischen Auftrags­ver­ar­beitung und eigen­ver­ant­wort­licher Daten­ver­ar­beitung nicht immer eindeutig sind.

Wann ist ein AVV erfor­derlich?

Ein AVV ist immer dann notwendig, wenn ein Unter­nehmen einen Dienst­leister beauf­tragt, perso­nen­be­zogene Daten im Auftrag zu verar­beiten, wobei das Unter­nehmen die Zwecke und Mittel der Verar­beitung bestimmt. Typische Beispiele sind IT-​​Dienstleistungen, bei denen Daten gespei­chert oder bearbeitet werden, wie etwa Cloud-​​Services oder E-​​Mail-​​Marketing. Werden konkrete Weisungen an den Dienst­leister erteilt, die festlegen, wie und zu welchem Zweck die Daten verar­beitet werden sollen, ist der Abschluss eines AVV unerlässlich.

Wann ist ein AVV nicht erfor­derlich?

Kein AVV ist notwendig, wenn der Dienst­leister eigen­ver­ant­wortlich handelt und keine konkreten Weisungen des Auftrag­gebers erhält. Beispiele hierfür sind externe Rechts­be­ra­tungen oder Steuer­be­ra­tungs­dienste, bei denen der Dienst­leister seine Fachleis­tungen eigen­ständig und ohne detail­lierte Anwei­sungen erbringt.

Die Heraus­for­derung der Abgrenzung

In der Praxis zeigt sich oft, dass die Abgrenzung zwischen eigener Verant­wort­lichkeit und Auftrags­ver­ar­beitung fließend ist. Zwar gibt es Hilfs­mittel wie Beispiels­listen oder FAQ-​​Dokumente, die Orien­tierung bieten, doch im Einzelfall bleibt die Entscheidung komplex. In Graube­reichen könnte es vorteilhaft sein, zur Sicherheit einen AVV abzuschließen, um mögliche recht­liche Risiken zu minimieren.

Was, wenn nur in geringem Umfang perso­nen­be­zogene Daten übermittelt werden?

Auch bei minimalem Umfang der Daten­ver­ar­beitung, wie etwa bei der Eingabe einer E-​​Mail-​​Adresse zur Regis­trierung, kann ein AVV erfor­derlich sein, wenn das Unter­nehmen die Verar­beitung steuert. Hierbei gilt es abzuwägen, ob die Verar­beitung einen Kernbe­standteil der Dienst­leistung darstellt oder nur eine unter­ge­ordnete Rolle spielt. Das BayLDA verweist in diesem Zusam­menhang auf die sogenannte Kern-​​Bestandteil-​​Theorie, die besagt, dass ein AVV nicht notwendig ist, wenn die Daten­ver­ar­beitung nicht der Haupt­zweck der Dienst­leistung ist.

Im Zweifel lieber zu viel als zu wenig?

In der Praxis stellt sich die Frage, ob es nicht sicherer ist, in Zweifels­fällen lieber einen AVV abzuschließen. Schließlich kann die Prüfung, ob ein AVV erfor­derlich ist, mehr Zeit in Anspruch nehmen als der Abschluss des Vertrages selbst. Ein vorschnelles Handeln kann jedoch auch Nachteile mit sich bringen.

 

Vorteile eines AVV

  • Recht­liche Absicherung: Ein AVV schafft Sicherheit für den Fall, dass unerwartet perso­nen­be­zogene Daten verar­beitet werden. Besonders in Bereichen, in denen Mitar­bei­tende Daten eingeben, kann dies hilfreich sein.
  • Vertrag­liche Sorgfalt: Der Dienst­leister wird vertraglich verpflichtet, sorgfältig mit den Daten umzugehen, was insbe­sondere bei der Verar­beitung von Mitar­bei­ter­daten von Bedeutung ist.
  • Einfache Lösung: Oftmals haben Unter­nehmen bereits AVV-​​Templates, die schnell angepasst und einge­setzt werden können.

 

Nachteile eines AVV

  • Übernahme von Verant­wortung: Ein AVV kann dazu führen, dass das beauf­tra­gende Unter­nehmen Verant­wortung für die Tätig­keiten des Dienst­leisters übernimmt, was insbe­sondere im Haftungsfall proble­ma­tisch sein kann.
  • Dokumen­ta­tions– und Überprü­fungs­pflichten: Mit einem AVV gehen zusätz­liche Pflichten einher, wie die regel­mäßige Überprüfung und Dokumen­tation der techni­schen und organi­sa­to­ri­schen Maßnahmen (TOM) des Dienst­leisters.

 

Fazit:

Einzelfall entscheidet

Ob ein AVV notwendig ist, bleibt eine Einzel­fall­ent­scheidung. In vielen Fällen ist es ratsam, auf Nummer sicher zu gehen und einen AVV abzuschließen. Dennoch sollten die damit verbun­denen Pflichten und die Übernahme von Verant­wortung nicht unter­schätzt werden. Die Entscheidung für oder gegen einen AVV sollte daher sorgfältig abgewogen werden, um den Daten­schutz effektiv zu gewähr­leisten, ohne unnötige Risiken einzu­gehen.

 

Unsere Empfehlung:            

  • Prüfen Sie die Notwen­digkeit eines AVV: Analy­sieren Sie genau, ob die Daten­ver­ar­beitung durch einen Dienst­leister eine Auftrags­ver­ar­beitung darstellt. Nutzen Sie dafür vorhandene Check­listen und Hilfs­mittel, wie z.B. die Beispiels­listen von Daten­schutz­be­hörden.
  • Setzen Sie auf recht­liche Sicherheit: Wenn Sie unsicher sind, ob ein AVV notwendig ist, schließen Sie lieber einen solchen Vertrag ab. Dies schafft Klarheit und reduziert das Risiko von Bußgeldern.
  • Überprüfen und dokumen­tieren Sie regel­mäßig: Stellen Sie sicher, dass Sie die techni­schen und organi­sa­to­ri­schen Maßnahmen (TOM) Ihres Dienst­leisters regel­mäßig überprüfen und dokumen­tieren um im Falle einer Prüfung vorbe­reitet zu sein.
  • Holen Sie externe Expertise ein: Bei komplexen Fällen oder Unsicher­heiten kann es sinnvoll sein, eine Daten­schutz­be­ratung hinzu­zu­ziehen, um recht­liche Fallstricke zu vermeiden.
  • Vermeiden Sie unnötige Verpflich­tungen: Schließen Sie nur dann einen AVV ab, wenn es wirklich notwendig ist, um nicht unnötig Verant­wortung und Dokumen­ta­ti­ons­pflichten zu übernehmen.

 

Und wie immer gilt: Melden Sie sich gerne bei Fragen, dafür sind wir da.