In der Welt der Qualitätsmanagementsysteme (QM-Systeme) herrscht oft ein Widerspruch: Dokumente werden akribisch erstellt und gepflegt, doch nur selten finden sie im Arbeitsalltag Anwendung. Häufig beschränkt sich das Interesse an diesen Dokumenten auf die Auditor:innen, die bei Zertifizierungen nach ihnen fragen. Doch das eigentliche Ziel eines QM-Systems, nämlich die Unterstützung der Mitarbeitenden und die Optimierung der Prozesse, gerät dabei in den Hintergrund.
Ein häufiger Grund für unsinnige Dokumentationen ist der Fokus auf den Erhalt des Zertifikats. Viele Unternehmen implementieren ein QM-System primär, weil es von Kunden gefordert wird, ohne den eigentlichen Mehrwert für den eigenen Betrieb zu erkennen. Ein weiteres Problem sind Auditor:innen, die mehr Wert auf formelle Aspekte als auf den tatsächlichen Nutzen der Dokumente legen. In Kombination mit Vorliebe für Überregulierung und der Bequemlichkeit, auf alte Muster und Vorlagen zurückzugreifen, entsteht ein System, das eher zur Belastung als zur Unterstützung wird.
Sinnvolle Dokumentation statt Papierflut
Um dem entgegenzuwirken, sollte ein QM-System so gestaltet werden, dass es wirklich zur Verbesserung der Arbeitsprozesse beiträgt. Das bedeutet, nur das zu dokumentieren, was notwendig und hilfreich ist. Anstatt sich blind auf Vorgaben und Vorlagen zu stützen, sollte jede Maßnahme daraufhin überprüft werden, ob sie in einem gesunden Verhältnis zum Risiko steht. Eine detaillierte Freigabe ist beispielsweise bei sicherheitskritischen Produkten unerlässlich, während sie bei einfachen internen Prozessen überflüssig sein kann.
Ein risikobasierter Ansatz hilft dabei, die Dokumentationsanforderungen je nach Kontext anzupassen. So können Unternehmen sicherstellen, dass ihre QM-Dokumentation tatsächlich genutzt wird und einen Mehrwert bietet. Dieser Mut zur sinnvollen Reduktion erfordert auch, dass man alte Festlegungen hinterfragt und gegebenenfalls über Bord wirft, wenn sie keinen praktischen Nutzen mehr haben.
Fazit:
Ein QM-System sollte nicht aus Angst vor dem nächsten Audit oder aus Gewohnheit dokumentieren, sondern gezielt das festhalten, was wirklich notwendig ist. Ein solcher Ansatz erhöht nicht nur die Effizienz, sondern auch die Akzeptanz des Systems bei den Mitarbeitenden.
Unsere Empfehlung:
• Dokumente auf den Prüfstand stellen: Überprüfen Sie regelmäßig, ob alle bestehenden Verfahrensanweisungen und Dokumente noch notwendig sind und einen Mehrwert bieten.
• Risikobasierte Dokumentation einführen: Passen Sie den Detaillierungsgrad der Dokumentation dem tatsächlichen Risiko an, um unnötigen Ballast zu vermeiden.
• Mut zur Veränderung: Haben Sie den Mut, überholte oder unnötige Dokumente zu entfernen und das QM-System auf das Wesentliche zu konzentrieren.
• Kontinuierliche Reflexion: Überdenken Sie regelmäßig Ihre QM-Prozesse und passen Sie sie an neue Anforderungen und Gegebenheiten an.
Ein schlankes und durchdachtes QM-System unterstützt nicht nur die Zertifizierung, sondern trägt aktiv zur Verbesserung der Arbeitsprozesse bei und wird so zu einem wertvollen Werkzeug im Unternehmen.